Kindergärtnerinnen fragen nach...

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„die Vortragenden warnen vor Eltern am Handy und machen mit einem Augenzwinkern ein ? Selfi.“

Kindergärtnerinnen fragen nach … wann bekommt ein Kind eine Verordnung für logopädische Therapie: Sprachentwicklungsstörung warten oder therapieren?
Vortrag von Kinder- und Jugendarzt Michael Pätzold und Logopädin Claudia Wachsmann, beide aus Marktoberdorf am 14.11.2018 im Kindergarten an der Buchel.

Der Kinder- und Jugendarzt überprüft mit den regelmäßigen Vorsorge-Untersuchungen von Anfang an die Sprachentwicklung. Wenn das Kind noch keine eigenen Äußerungen macht, dann wird im Gespräch mit den Eltern nachgefragt. Vieles kann er schon während der Untersuchung beobachten und bei einer Vorgeschichte in der Familie frühzeitig eine Therapie in die Wege leiten.
Vier wesentliche Säulen der Sprachentwicklung werden beobachtet und beurteilt:

1. Die Aussprache (Artikulation)

Das Kind soll in der Lage sein, alle Laute seiner Muttersprache korrekt zu bilden. Es gibt Kinder, die von Anfang an, alles richtig sprechen und bei vielen stellen sich die Laute /K/, /SCH/ und /R/ später ein. Sind mehr Laute betroffen, muss eine Therapie früher stattfinden. Mit etwa fünf Jahren sollte aber alles richtig gesprochen werden und das Vorschuljahr sollte möglichst mit allen richtigen Buchstaben erlebt werden, damit sich keine Fehler einschleichen und sich das phonologische Bewusstsein weiter gut ausbilden kann.

2. Die Grammatik  (Morphologie/Syntax)

Kinder formulieren nicht nur Wörter, sondern setzen diese schon sehr früh zu kleinen Sätzen zusammen. Das Verb (Tunwort) muss immer an die zweite Stelle gesetzt werden. Also „Ich will das!“ und nicht „Ich das wollen“. Die Verbendstellung kommt in der Sprachentwicklung nicht vor und darf nie die Regel sein. Das ist ein ganz klares Zeichen für einen Dysgrammatismus und muss behandelt werden. Auch wenn Kinder häufig die Sätze mit „tut“ bilden, kann das ein Zeichen für ein mangelndes Gefühl für die Reihenfolge der Satzglieder sein. Auch verschiedene Grammatikformen wie Einzahl/Mehrzahl (Auto-Autos, Kind –Kinder etc.) oder Zeitformen („Da hat das Kind geweint.“) erscheinen schon recht früh, mindestens ab dem vierten Lebensjahr. Auch Nebensatzkonstruktionen ermöglichen Kindern das genaue Wiedergeben von komplizierteren Sachverhalten, z.B. „Gib mir den Hammer, weil ich die Kiste reparieren muss.“ oder „Ich will den Regenschirm, weil es regnet.“

Gerade die Grammatik wird oft nicht genau beobachtet, weil das eigene Grammatikwissen nicht so ausgeprägt ist und nur Linguisten gewohnt sind, die Sprachäußerungen ständig zu analysieren. Also einfach mal auf die Komplexität der Äußerungen achten.

3. Der Wortschatz

Ein zweijähriges Kind soll schon fast 300 Wörter sprechen und sehr viel mehr verstehen. Am Wortschatz erkennt man oft sehr gut, ob eine Sprachenwicklungsstörung vorliegt. Kinder sollen sich neue Wörter einprägen können und je nach Umgebung auch schon früh einen sehr speziellen Wortschatz zeigen. Das können verschiedene Fahrzeuge, Werkzeuge, Tiere usw. sein.  

4. Das Sprachverständnis

Das Sprachverständnis hat viel mit dem genauen Hinhören, merken und letzten Endes dem richtigen Verstehen zu tun. Im Alltag ist vieles oft selbsterklärend und Anweisungen sind oft gut in den Tagesablauf eingebettet. Wenn ein Kind ins Bett geht und die Mama oder der Papa sagt, „Geht jetzt schon mal ins Kinderzimmer. Hol den Schlafanzug und komm mit dem Kuschelbären dann zurück ins Wohnzimmer, damit ich dir noch die Gutenachtgeschichte vorlesen kann.“ und das Kind richtig reagiert, heißt das noch lange nicht, dass es alle Aufträge korrekt und in der richtigen Reihenfolge verstanden hat. Das Kind weiß ja schon im Voraus, wie das Abendritual abläuft. Wenn das Kind nämlich in einer Testsituation spielen soll „der Bär stößt den Hasen an und das Baby geht zur Mama.“ kann es schwierig werden. In solch unbekannten Situationen sieht man dann, ob das Kind alles richtig verstanden hat.

Einen guten Eindruck bekommt man auch, wenn man mit Kindern über Bücher spricht. Kann es sich die Reihenfolge der erscheinenden Personen oder Tiere merken, kann es erzählen, was die Personen gemacht haben und zieht es die richtigen Rückschlüsse?