Stimmtherapie bei Transsexualität

Ein Orchideenfach der Logopädie

Orchideenfächer sind exotische Studienfächer, die an weniger als 10% der Universitäten gelehrt werden und die Stimmtherapie bei Transsexualität dürfte in einer logopädischen Praxis einen noch kleineren Anteil darstellen.  

Mir ist es ein großes Anliegen, meinen Beitrag zu einer guten Versorgung dieses Störungsbildes zu leisten. Ich freue mich, dass es mehr in den logopädichen Fokus gerät. Ich rate in der Transition immer zu einer Stimmtherapie, die tatsächlich sehr gute Ergebnisse erzielen kann und nicht zu einem operativen Eingriff (meine heutige Sicht).

Wird bei Transmännern durch die Hormontherapie ein Kehlkopfwachstum angeregt und die Stimmbänder dadurch länger, bedeutet das meist automatisch eine tiefere Stimme.

Längere Stimmbänder bedeuten eine tiefere Stimme.

Da die Stimme ganz eng mit der Persönlichkeit verknüpft ist, leiden Transfrauen oft erheblich unter ihrer tieferen Stimme, da durch die weiblichen Hormone die Tonhöhe kaum beeinflusst wird. Die Transition Mann zu Frau findet immer noch in den meisten Fällen nach dem Stimmbruch statt und damit sind die Stimmbänder länger und die Stimme findet sich in einer tiefere Stimmlage. Doch die weiblichen Hormone wirken auf die Schleimhäute (vegetatives Nervensystem) und das wirkt sich auch auf den Stimmklang aus. Selbst wenn die Stimmhöhe dadurch nicht beeinflusst wird, entsteht doch in den meisten Fällen ein anderes „Timbre“. Dieses Timbre kann weiter ausgebaut werden und so kann sich auch in tieferen Lagen ein weiblicher Stimmklang  entwickeln.

Es ist absolut wichtig zu wissen, dass es außer der Tonhöhe der Stimme noch andere Parameter gibt, die die Stimme weiblich klingen lassen.


Das sind:  

  • Resonanzzusammensetzung/Timbre
  • Stimmeinsätze
  • Prosodie
  • Artikulation/Stimmansatz
  • Nonverbale Kommunikation
  • Sprachsystematische Komponenten (Wortwahl/Satzbau)


Doch auch an der Stimmhöhe kann gearbeitet werden. Es braucht hier allerdings großes Fingerspitzengefühl, denn eine höhere Stimme sollte immer noch physiologisch erzeugt werden, um langfristig nicht in die Hyperfunktion zu kommen. Es braucht also mehr Spannung für die Stimmbänder und diese Spannung sollte auf keinen Fall durch Druck im Halsbereich erzeugt werden.

Ich verbinde die Stimmübungen immer mit Körperbewegungen mit bewusstem Einsatz fließender Bewegungen. Die Körpersprache kann hier eine große Unterstützung sein um das allgemeine Erscheinungsbild weiblicher wirken zu lassen und mit „weiblichen“  Bewegungsfolgen kann ein physiologischer Spannungsaufbau die Stimme in höhere Stimmlagen „ziehen“. Dazu gibt es bestimmte Übungen. Eine angestrengt höhere Stimme mit „männlicher“ Körperhaltung und „männlichen“ Gesten würde nicht automatisch als weiblich wahrgenommen werden, nur weil sie höher gesprochen wird.

In der Therapie erlebe ich viel Ungeduld. Doch die Stimme braucht Zeit und ich wünsche allen Transfrauen Geduld auf dem Weg ihrer Frauenstimme. Das Stimmorgan ist in der Lage sich anzugleichen ohne sich zu überlasten. Es ist ein Prozess über manchmal viele Monate und auch nach Jahren können Veränderungen beobachtet werden. Ich ermutige alle, an der Stimme zu arbeiten, dran zu bleiben oder sich immer wieder Unterstützung zu holen.
 

Wir laden Sie gerne zu unserem Workshop Stimmtherapie bei Transsexualität
am 11.11.2022, von 16.00 bis 19.30 Uhr ein.

Anmeldungen unter praxis@logopaedie-wachsmann.de